Die Grutte Pier Brouwerij im Örtchen Bartlehiem, gelegen im niederländischen Teil Frieslands zwischen den bekannteren Städten Leeuwarden und Dokkum, hatte ich schon seit Längerem auf meiner Besuchs-Liste. Von Groningen mit dem Auto erreicht ihr in einer knappen Stunden eine der bekanntesten Craftbier-Brauereien Frieslands.
Als ich die Grutte Pier-Biere das erste Mal in einem holländischen Getränkemarkt im Regal entdeckt hab, haben mich Logo und Etikett direkt angesprochen. Mit der mittelalterlichen Bierzutat Grut haben die Biere nichts zu tun. Dazu aber später mehr … Und um Eines direkt vorweg zu nehmen: Ein Besuch in Bartlehiem lohnt absolut.
Früher Schiffswerft, heute Craftbier-Location
Seit 2014 werden die Grutte Pier-Biere gebraut. Wie so häufig entstand die Brauerei aus einer Idee am Stammtisch. In diesem Fall im Spezialbiercafé De Markies in Leeuwarden. Frans Filius und Renze Bil, beide leidenschaftliche Fans belgischer Biere, entschlossen sich bei einem frisch gezapften Bier, ins Braugeschäft einzusteigen.
Was im Folgenden dann zunächst in einer Scheune begann, wird mittlerweile auf dem Gelände einer alten Schiffswerft weitergeführt. 2020 übernahmen die beiden das Areal der ehemaligen Werft und richteten dort ihre Brauerei samt Proeflokal ein. Das Gelände liegt ausgesprochen idyllisch an einem Kanal:
Allein der malerischen Lage wegen müsst ihr die Brauerei mal besuchen. Wenn neben Biergenuss Wassersport eine Eurer Leidenschaften ist, könnt ihr sogar mit eurem Boot dort vorbei schauen, ein Anleger ist vorhanden. An heißen Tagen können sich die Gäste mit einem Sprung ins Wasser erfrischen. Abkühlung von Innen und Außen. Welche Brauerei kann das schon bieten?
Tastings mit Blick auf Braukessel
In der Hauptsaison bevölkern viele Touristen das große Außengelände der Brauerei. Bierliebhaber können die Brauspezialitäten aber auch der ganze Jahr genießen. Die Pforten der Brauerei sind ganzjährig geöffnet. Bei schlechtem Wetter bietet der Gastraum des Proeflokals auf 2 Ebenen spannende Blicke auf die Braukessel, Malzmühlen und Gärtanks von Grutte Pier. Regelmäßig veranstalten die Brauer Führungen an und Biertastings runden das Brauereierlebnis ab.
Klassische Stile und wilde Braukreationen
Beim Blick in die Bierkarte war ich überrascht, wie breit das Angebot an Grutte Pier-Bieren ist. Viele davon werden nur in Kleinstmengen gebraut. Die von mir verkosteten Biere z. B. wurden nur in einer Auflage von je 250 l eingebraut.
Um einen ersten Überblick über die Braukreationen zu bekommen, bestellt ihr Euch am besten ein Tasting-Board mit vier verschiedenen Bieren. Hab ich auch gemacht, um möglichst viele der verschiedensten Biersorten probieren zu können. Julian, einer der Brauer von Grutte Pier, hat sich netterweise Zeit genommen und mir eine Auswahl der fantastischen Biere präsentiert.
Meine Grutte Pier-Proefbord
Neben der Core-Range gibt es eine Reihe von kreativen und besonderen barrel-aged Bieren. Die Auswahl fiel mir tatsächlich schwer, aber letztlich habe ich mich für diese vier Biere entschieden:
„Rauch“ (saures Rauchbier)
Eine spannende Kombination, die ich bis dahin so noch nicht probiert hatte: ein saures Rauchbier. Insgesamt kommt es eher sauer als rauchig daher, und ist nicht so intensiv speckig wie z. B. ein Schlenkerla. Ein schöner leichter Einstieg in die Welt der sauren bzw. rauchigen Biere.
„Noors Blond“ (Belgisches Blonde)
Im Vergleich mit einem klassischen belgischen Blonde ist die Kveik-Hefe der originelle Twist dieses Blonde. Die alte skandinavische Hefe sorgt für einen fruchtigen Aprikosen-Touch. Fazit: Ein super leckeres, fruchtig-leichtes Sommerbier. Perfekt für einen entspannten Spätsommer-Nachmittag an einer friesischen Gracht.
„Bretttûne #22“ (Brett Bier)
Hopfenbomben gibt es unzählige in den experimentellen Craftbeer-Brauereien. Beim Bretttûne handelt sich hier im wahrsten Sinnes des Worte um eine Brett-Bombe. Fans von Brett-Bieren kommen hier voll auf ihre Kosten. Wilde Brettanomyces-Hefen und eine kräftige Essignote machen dieses Bier so besonders. Die Brettanomyces-Hefen stammen aus den alten Eichenholzfässern, in den das Bier gelagert wurde. Dieses barrel-aging spiegelt sich auch im Biernamen wieder. „Brett“ ist die gebräuchliche Abkürzung von Brettanomyces und „Tûne“ ist das friesische Wort für Tonne.
Vatgerijpt (Barley Wine)
Die Lange Reihe Holzfässer entlang des Wegs zur Außenterrasse am Kanal zeigt es direkt:
Grutte Pier stellt verschiedenste barrel aged-Biere her und das richtig gut. Eines davon – das Vatgerijpt, ein in einem Bourbon-Fass gelagerter Barley Wine – war Teil meines Tasting-Bords. Wie erwartet bringt diese barrel aged-Perle eine echte Geschmacksexplosion mit sich: Noten von Vanille, Nuss, Nougat und Schokolade kombinieren sich dank der langen Lagerzeit im Holzfass auf eine ganz fantastische Art und Weise.
Spätestens jetzt wird klar, wie viel Wert die Brauer von Grutte Pier auf die Herstellung qualitativ hochwertiger Biere legen. Tipp: Dazu auf jeden Fall eine der in der Brauerei hergestellten Pralinen probieren. Bier und Food-Pairing vom Feinsten.
Was macht Grutte Pier so besonders?
Was mir an Grutte Pier gut gefällt, ist die recht große Auswahl an fassgereiften Bieren (z. B. Sherry, Rum oder Jura-Whiskey). Das tolle dabei ist das regelmäßig wechselnde Angebot. Ein Blick auf die Tafel über der Theke lohnt sich. Hier werden die jeweils neuesten Bier-Schätze angekündigt.
Die Grutte Pier Brauerei ist zu Recht stolz darauf, eine breite Palette von handwerklich gebrauten Bieren anzubieten. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den klassischen belgischen Bierstilen wie Blonde, Dubbel und Tripel.
Die Core-Range-Biere werden allerdings nicht vor Ort gebraut. Hierfür wurde sich in einer entfernteren großen Brauerei eingemietet. Die kleineren, experimentellen Biere werden in Bartelhiem hergestellt. Allen Grutte-Pier-Bieren gemeinsam ist dabei die Verwendung qualitativ hochwertiger Zutaten und das Festhalten an traditionellen Brauverfahren. Das sind für mich die wichtigsten Gründe für diese großartigen Bierspezialitäten.
Wer war Grutte Pier? – Kurzer Blick auf die Geschichte
Zum Schluss noch ein Blick zurück. Ihren Namen verdankt die Brauerei dem heldenhaften Grutte Pier, einem friesischen Freiheitskämpfer des 16. Jahrhunderts. 1517 wurde aus dem einfachen Bauern Pier Gerlofs Donia nach einem Überfall seines Hofes durch die Sachsen ein Befreiungskämpfer. Allein schon aufgrund seiner gigantischen Statur wurde der Volksheld Grutte Pier genannt. Diese beiden Gesichter von Grutte Pier – friedlicher Bauer und kämpferischer Krieger – sind auf dem Etikett der Biere abgebildet.
Fazit
Unbedingt besuchen solltet ihr die Grutte Bier Brauerei bei Euren nächsten Frieslandbesuch. Super leckere Bier in einer riesigen Auswahl, guten Essen und nicht zuletzt die fantastische Lage mitten in der Natur machen die Brauerei zu etwas Besonderem, das ihr euch auf keinen Fall entgehen lassen dürft.
Schreibt mir gerne in den Kommentar, welche der Grutte Pier-Biere euren Geschmack getroffen hat.
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