Vor fast einem Jahr am Wochenende 2. & 3. Juli 2016 hat die Oedipus Brauerei in Amsterdam ihr International Beer Festival ins Leben gerufen. Mehr als 140 Biere von 19 internationalen Craftbeer- und Mikro-Brauereien konnten verkostet werden. Leider habe ich dieses äußerst spannend klingende Event verpasst. Wie ein Schneekönig habe ich mich deshalb auch gefreut, als uns Mitarbeiter Bart bei unserem letzten Besuch bei Oedipus einen Six-Pack mit extra fürs Festival gebrauten Collaboration Brews in die Hand drückte. Oedipus ist nämlich definitiv eine meiner Lieblings-Brauereien in Amsterdam.
6 farbenfrohe Biere, 6 internationale Freundschaften
Wie von Oedipus nicht anders zu erwarten, sind die sechs Festivalbiere bunt, innovativ und einzigartig. Dafür haben sich die Jungs aus dem Amsterdamer Norden und ihre Kollaborateure aus aller Welt fast vergessenen Bierstilen und neuen experimentellen Rezepten angenommen. Dass dabei auch ein Bier (Thanks David) per Zufall – um nicht zu sagen aus Versehen – entstanden ist, spielt keine Rolle, weil es trotzdem schmeckt. Allein die Namen der kreierten Biere lassen Einiges erwarten: Donuts, Voicemail, Transatlantic Foosball, Frazzled, Thanks David und Hash Brownie.
Mein Tipp für eure eigene Bierverkostung
Wenn ihr selbst ein paar besondere Biere in der Brauerei, der Kneipe oder zuhause verkosten wollt, hilft euch dein praktischer Bierbewertungsbogen (PDF) dabei, den Überblick zu behalten und euer Lieblingsbier zu finden:
Einzigartig und einmalig
Die Bierstile der Collaboration Brews sind wild durcheinander gemischt und verwischen die Grenzen herkömmlicher Bierkultur auf einzigartige Art und Weise. Also genau das, was ein gutes Craftbeer mitunter erreichen will. Stolz hat uns Bart erzählt, dass die im Paket enthaltenen Bier wirklich einzigartig sind und dieser Form wahrscheinlich nie wieder gebraut werden, echte Raritäten also.
Wir haben das erste frühlingshafte Wochenende in diesem Jahr zum Anlass genommen, die sechs Raritäten mit unserem Nachbarn zu verkosten. Hier die Biere im einzelnen:
Ein Donuts zum Einstieg
Das Donuts ist ein helles Belgian Style Pale Ale, das in Kooperation mit Upright Brewing aus Portland in den USA gebraut wurde. Es enthält 6,5 % alc. Das Aroma erinnert an Hefeteig und Jahrmarkt-Süßigkeiten. Kein Wunder, denn während des Brauprozesses wurden Zuckersirup und Golding- und Mosaic-Hopfen verwendet. Beide Hopfensorten bringen angenehme honig- und fruchtsüße Aromen mit. Dieses Bier ist schon mal ein guter Einstieg in unser Tasting.
Scotch Ale mit Feigen und Rosinen
Als nächstes Bier folgt das Voicemail, ein hopfengestopftes Scotch Ale mit Feigen und Rosinen, hergestellt mit der Buxton Brewing Company aus Großbritannien, 7,5 % alc. Auf der Basis eines dunklen Scotch Ale sollte das Bier nach Aussage der Braumeister in Richtung eines IPA gehen. Mit der Kombination aus dunklen Malzen (z. B. Special B für das Rosinenaroma) und fünf verschiedenen Hopfen ist das überaus gelungen. Die während des Brauens verwendeten Feigen und Rosinen tun ihr Übriges, wobei die süßen Rosinen hier geschmacklich deutlich in den Vordergrund treten.
Transatlantische Kooperation
Mit dem Transatlantic Foosball haben sich Oedipus und Common Brewery aus Portland, USA, einem alten ausgestorbenen Bierstil angenommen und diesen neu interpretiert. Als drittes Bier ist ein hopfengestopftes (Hallertau Blanc) Broyhan mit weißem Pfeffer an der Reihe. Es hat leichte 4 % Alkoholgehalt. Benannt ist dieses historische Bier nach Cord Broyhan, der Anfang des 16. Jahrhunderts in Hannover gebraut hat. Geschmacklich zeigen sich deutliche Ähnlichkeiten zur Berliner Weisse oder eine milden Gose. Die eingebrauten weißen Pfefferkörner bringen einen Hauch Schärfe mit. Optisch erinnert uns das Bier an Federweißer, geschmacklich kann man saure Stachelbeeren erkennen. Fazit: Interessant und sehr erfrischend – meine Frau kürte das Bier zu ihrem Favoriten dieses Beer Tastings. Wem dieses Bier gefällt, der mag auch das Oedipus Polyamorie.
In den hohen Norden
Das vierte Bier nimmt uns mit nach Stavanger in die norwegische Lervig Bryggery. Das Frazzled ist ein Farmhouse Stout mit Rhabarber und Blaubeeren und hat kräftige 8 % Alkoholgehalt. Am Anfang dieses außergewöhnlichen Bieres stand die Idee, ein säuerliches Stout zur brauen. Erreicht haben die Braumeister dies, indem sie ihr Stout-Rezept um Rhabarber und Blaubeeren ergänzt haben. Das Ergebnis ist erfrischend im doppelten Sinn, denn von seinem Stout erwartet der gemeine Biertrinker in der Regel keine prickelnde Säure. Saison- oder Farmhouse-Ales kommen aus den USA und wurden ursprünglich als Erfrischung für die Landarbeiter hergestellt. Die Biere können säuerliche, fruchtige oder auch pfeffrige Aromen enthalten.
Dem Zufall geschuldet – Danke Dave
Als vorletztes Bier in der Reihe der Oedipus Collaboration Brews 2016 fließt das Thanks David ins Glas. Es handelt sich dabei um eine braune Gose mit Pfirsichen, die entstanden ist in Zusammenarbeit mit Brew By Numbers aus London (4 % alc.). Eigentlich sollte dieses Bier eine leichte helle Gose mit ein wenig süßem Pfirsicharoma werden. Während des Brauens sorgten Reste dunkler Maische in der Brauanlage zufällig dafür, dass eine dunkle braune Gose herauskam. Verantwortlich gemacht wurde Dave von der Lervig Bryggery, der nach dem Brauen des Frazzled die Brauanlage wohl nicht sauber hinterlassen hatte, danke Dave!
Zusammengefasst: Das Bier geht geschmacklich deutlich in die Richtung des Transatlantic Foosball, ist aber leichter und – wie es sich für eine echte Gose gehört – salziger. Ich persönlich würde dem Thanks David hier aber eindeutig den Vortritt lassen.
Geschmackliches Schwergewicht zum Abschluss
Zum Schluss unserer Odipus-Bierprobe das Hash Brownie – ein hopfengestopftes Sweet Stout gebraut in Gemeinschaftsarbeit mit Stillwater Artisanal Brewing aus Baltimore USA (7,5 % alc.). Das Sweet Stout wurde mit Lactose und verschiedenen Schokolademalzsorten gebraut. Die verwendeten Hopfen sollen ein marihuanaähnliches Aroma bringen und eben an einen Hash Brownie erinnern. Die komplexen Aromen der Stoutrezeptur und die intensiven Hopfennoten machen dieses Bier wahrlich nicht einfach zu trinken, ein Experiment halt.
Fazit unserer Oedipus-Bierprobe
Alles in allem war diese Bierprobe echt etwas Besonderes. Wir haben neue Bierstile und deren Kombinationen kennengelernt, von denen wir vorher noch nichts gehört hatten. Die sechs Biere bekommt man so nicht in jeder Kneipe oder Brauerei. Sie zeigen, dass die Oedipus-Brauerei eine ganz besondere von Kreativität und neuen Ideen getriebene Craftbeer-Schmiede ist, deren Besuch sich immer lohnt. Hoffentlich bleiben die sechs Kooperationen keine einmaligen Projekte, sondern werden wiederholt. Wir freuen uns in jedem Fall drauf. Beim nächsten Oedipus International Brewing Festival sind wir dabei.
Neugierig geworden?
Habt ihr auch schon Oedipus-Biere probiert und welches ist euer liebstes? Schreibt mir einen Kommentar, ich bin schon gespannt.
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